Fastenzeit nach polnischer Tradition

Das selige Leiden und die Auferstehung aus dem Reich des Todes unseres Herrn Jesus Christus, besiegelt nach 40 Tagen mit der glorreichen Himmelfahrt, sind zentrale Ereignisse in der Geschichte der Menschheit. Denn sie haben allen Menschen die Aussicht auf ewiges Glück im Himmel eröffnet, wenn wir nur ein gottgefälliges Leben führen.

In Polen, wie in vielen christlichen Ländern, ist die Osterzeit eine Zeit der Familienfeiern. Die polnischen Feierlichkeiten zu diesem Feiertag haben natürlich ihren eigenen, polnischen Charakter. Zunächst einmal sind Ostersonntag und Ostermontag gesetzliche Feiertage. In den Schulen haben Kinder und Jugendliche vor und nach Ostern zusätzlich ein paar freie Tage – somit haben wir Osterferien. Familienfest – aber wie unterschiedlich von den Weihnachten. Weihnachten macht uns bewußt, was für ein kostbares Geschenk Kinder in einer Familie sind. Die dramatischen Ereignisse der Karwoche zeigen, daß familiäre Bindungen durch schwierige Momente geprüft werden. Als alle den leidenden Christus verlassen hatten, blieb die Mutter bei ihm. Als Er auferstanden war, mußte Er die anderen überzeugen und geistig stärken – seine Mutter zweifelte nie an Ihm.

Fastenzeit

Dem Osterfest geht ein vierzigtägiges Fasten voraus, das am Aschermittwoch beginnt. Dieses Fasten erinnert an das vierzigtägige Fasten Jesu in der Wüste, das seinem öffentlichen Wirken vorausging. Dies ist die Zeit für uns Christen, über den Sinn und Zweck unseres Lebens nachzudenken, es in der Perspektive der vom Herrn Jesus gepredigten Lehre zu organisieren. Christ mußte Botschaft mit seinem Leben bezahlen. Diejenigen, die Ihn für seine Lehre haßten, schreckten nicht vor Gottesmord zurück.

Während der Fastenzeit gibt es in Polen keine Tanzveranstaltungen. Es gibt auch keine Hochzeiten (außer an Sonntagen, die von der Zahl der 40 Fastentage ausgenommen sind). Das führt natürlich dazu, daß Ostersonntag und Ostermontag Zeiten besonders vieler ausgelassener Hochzeiten sind. Aschermittwoch ist der Tag des strengen Fastens, d.h. man darf an diesem Tag nicht nur nicht tanzen, Fleisch essen oder alkoholische Getränke trinken, sondern man darf nur drei Mahlzeiten zu sich nehmen, davon nur eine volle Mahlzeit. Neben dem weltberühmten Kreuzweggottesdienst besuchen die Menschen den spezifisch polnischen Gottesdienst der Bitteren Beweinen. Es werden tiefsinnige und bewegende polnische Fastenlieder gesungen.

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Exerzitien. Viele Menschen unternehmen im Geiste der Buße freiwillige Verzichte und nehmen auch freiwillige vorübergehende oder dauerhafte Enthaltsamkeitsentscheidungen vor.

Bereits zwei Wochen vor Ostern denkt jeder an seine Verwandten und Freunde, kauft Karten und verschickt Ostergrüße. Zu Ostern freut sich jeder, die Korrespondenz von geliebten Menschen zu lesen, froh, daß jemand an mich denkt.

Palmsonntag

Der Sonntag vor Ostern heißt in Polen Palmsonntag. Es erinnert an den feierlichen Einzug Christi in Jerusalem. Aus jungen Weidensprossen mit Knospen werden sogenannte „Palmen“ gedreht, die zur Segnung in die Kirche gebracht werden. In einigen Regionen Polens ist die Zubereitung von Palmen zu einem echten Ritual und zu einer Gelegenheit geworden, zu konkurrieren, wer die größte und schönste Palme bereitet.

Karwoche

Nach Palmensonntag beginnt die Heilige Woche (Karwoche). In der Karwoche wird am Karfreitag streng gefastet. Am Karsamstag findet ein gewöhnliches Fasten statt, d.h. es darf nach Herzenslust gegessen werden, aber Tanzen und Fleischessen sind nicht erlaubt. In einigen Regionen Polens wird auch am Karmittwoch gewöhnliches Fasten praktiziert. Gerade für Frauen, die leckere Gerichte für die Feiertage zubereiten, ist das eine große Herausforderung.

Karmontag

Wir erinnern uns an die Salbung Christi in Bethanien im Haus von Martha und Maria und Lazarus, Christus verursachte den Tod des Feigenbaums, weil er keine Frucht darauf fand, nur Blätter

Kardienstag

Wir erinnern uns an die Ankündigung des Verrats von Judas und der Verleugnung durch Petrus, Jesus kündigt während der Polemik mit den jüdischen Ältesten die Zerstörung Jerusalems, das Ende der Welt, das die Geschichte der Menschheit beenden wird, und das wichtigste Ereignis – seine Auferstehung an.

Karmittwoch

Wir erinnern uns an den Verrat von Judas, der Sanhedrin beschließt bei einem geheimen Treffen, Jesus zu töten, wozu Judas beiträgt, der durch einen Pakt mit dem jüdischen Rat den Messias für 30 Silberlinge verrät. Er verspricht daher, Christus nachzufolgen und, wenn er allein ist, den Rat zu informieren und die Gefangennahme Christi zu erleichtern.

Gründonnerstag

Ab Gründonnerstag herrscht in den Häusern eine feierliche Atmosphäre. Abends macht keiner mehr Hausarbeit. Alle gehen nach Möglichkeit in festlicher Kleidung zur Heiligen Messe. Das letzte Abendmahl. Diese Messe hat einen ungewöhnlichen Charakter: Sie beginnt mit einem wunderbaren musikalischen Rahmen, aber in der Mitte verstummen die Orgeln und Glocken, und von diesem Moment an verwenden die Ministranten hölzerne Klopfer. Die Lesungen und Gebete konzentrieren sich auf das letzte Abendmahl, das Christus mit seinen Jüngern geteilt hat, die Einsetzung des Sakramentes der Eucharistie, den Verrat des Judas, die Verhaftung und Gefangennahme Christi. Das Allerheiligste Sakrament wird in einer Prozession in der Kapelle des Gefängnisses untergebracht.

Karfreitag

Am Karfreitagabend gehen nach der Arbeit wieder ganze Familien in die Kirche, diesmal zur Passionsliturgie des Herrn, der Erinnerung an das Heilswerk des Leidens und Sterbens unseres Herrn Jesus Christus. Dieser Tag ist ein Tag ohne die Heilige Messe. Die Orgel wird nicht gespielt und die Priester beten in Trauergewändern. Der Höhepunkt der Liturgie ist die Verehrung des Kreuzes durch alle Anwesenden, die sich abwechselnd nähern und kniend küssen. Erwähnt werden der Schauprozess Christi und seine grundlose Verurteilung zur Kreuzigung mit besonderer Grausamkeit, Tod am Kreuz und Begräbnis. Das Allerheiligste Sakrament wird symbolisch in die Grabeskapelle des Herrn überführt.

Andererseits werden am Morgen des Karfreitags vielerorts Passionsspiele unter freiem Himmel aufgeführt. Volksschauspieler erben ihre Rollen im Passionsspiel oft von ihren Vätern und Großvätern. Monatelang wird geprobt. Lokale Handwerker bereiten Accessoires vor: Rüstungen römischer Söldner, Kostüme aus dieser Zeit, Dekorationselemente. Zu den Passionsspielen kommen Menschen aus nahegelegenen Dörfern oder sogar aus entfernten Ecken Polens. Manche Passionsspiele werden im großen Stil inszeniert. Sie beginnen um sechs Uhr morgens und enden gegen Mittag. Die Zuschauer werden zu Teilnehmern des präsentierten Geschehens, singen Fastenlieder und erleben tief das Leiden und Sterben des Herrn.

Karsamstag

Am Karsamstag gehen Kinder und Erwachsene ab dem Morgen in die Kirche, um die Speisen vom Priester segnen zu lassen, die an Festtagen gegessen werden, sowie um Weihwasser für das nächste Jahr zu schöpfen. Sie bringen unter anderem Ostereier, gekochte Eier, kunstvoll bemalt vom Morgen an. In vielen Regionen Polens ist das Bemalen von Ostereiern auch ein Element der Volkstradition. Nach der Segnung des Essens besucht jeder auch das Grab des Herrn, wo Feuerwehrleute oder Soldaten eine Ehrenwache halten. In einigen Städten sind Wachen in historischen Kostümen (römisch, polnisch oder türkisch, je nach lokaler Tradition) im Einsatz.

An diesem oder am nächsten Tag gehen die Bauern in die Scheunen und aufs Feld, um Rinder, Schweine und Feldfrüchte mit Weihwasser zu bespritzen.

Es ist ein Trauertag in der Kirche. Der Altar, von dem am Karfreitag die Gewänder abgenommen wurden, bleibt unbedeckt.

Es gibt keine Liturgie.

Siehe auch polnische Faszeitlieder auf polnisch (als auch Melodien).